Sebastian Cohen
OHNE Erinnerung                                      Der 6. Teil der Duke-Reihe
Mexiko, ein Traumziel für gestresste Urlauber, doch Duke hat keinen Blick für die tropische Umgebung. Nachdenklich sitzt er in einem Restaurant und schaute der hübschen Zufallsbekanntschaft hinterher, die gerade im Begriff war ihre Tränen auf der Toilette zu trocknen. War sie tatsächlich das Opfer eines Überfalls geworden oder spielte sie ihm ihre Hilflosigkeit nur vor? In dem Moment, als sie aus seinem Blickwinkel verschwand, wanderten seine Gedanken nach Panama, das noch 1800 Meilen entfernt lag und ihn auf den Weg dahin durch gefährliche lateinamerikanische Länder führen würde. Länder, in denen Stress so gut wie vorprogrammiert war und brutale Verbrechen an der Tagesordnung sind. Fingen die Probleme womöglich bereit hier mit diesem langbeinigen Girl an?
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Kurz bereute er, sein Beachbüro aufgegeben zu haben. Rastlos und auf der Suche nach dem Sinn im Leben, fragte er sich ernsthaft, ob seine Flucht aus Los Angeles eventuell doch zu voreilig gewesen war. Wird ihn die Sehnsucht wieder zurück in die Staaten führen, sobald ihm bewusst wurde, dass Panama nur eine überhastete Idee gewesen war? Erneut wird Duke auf die Probe gestellt und gerät in eine Situation, die sein Verständnis vom Universum auf den Kopf stellt.
Kapitel 1 M ehr als 3000 Meilen lagen hinter Duke, seit er sich vor fünf Wochen entschlossen hatte, Los Angeles zu verlassen. Es waren Wochen der Selbstfindung und der Versuch eines Neuanfangs. Aufregende 1800 Meilen lagen noch vor ihm, um sein neues Reiseziel, Panama City, zu erreichen, doch im Moment saß er verunsichert in Mexiko in einem Restaurant und wartete darauf, dass Miss Unbekannt von der Toilette zurück an seinen Tisch kam. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er sich nicht von ihrem hübschen Äußeren einwickeln lassen durfte. Mit den langen, blonden Haaren und noch längeren Beinen war sie die perfekte Honigfalle. Ist sie eventuell Teil einer mexikanischen Gang und spielt ihm nur die hübsche Hilflose vor? Chichén Itzá zog viele naive Touristen an, die erschöpft von der Sonne aus den Ruinen stolperten und mit all dem Bling-Bling direkt darauf warteten, ausgeraubt zu werden. So recht kaufte er Blondie ihre Story, dass sie Opfer eines Überfalls geworden war, nicht ab. Mit ihren frisch manikürten Fingernägeln wirkte Miss Minirock nicht gerade wie die typische Backpackerin. Warum sollte so ein gutaussehendes Girl allein durch ein gefährliches Macholand wie Mexiko reisen? Eventuell war er aber auch nur zu übervorsichtig und sah in allem eine Gefahr. Nach dem Essen würde er sicherlich klüger sein und entscheiden können, ob sie Hilfe benötigt oder alles nur eine gute Performance war. Duke winkte einem der flinken Kellner zu, bestellte zwei Tassen Kaffee und ließ sich die Menükarte geben, um im nächsten Moment Miss Langbein zu bemerken, die zielstrebig auf ihn zu kam und sich mit einem schüchternen Lächeln setzte. Das verheulte Make-up war verschwunden und ihre Augen wirkten schon nicht mehr so gerötet. Tatsächlich musste er sich eingestehen, dass sie ohne Schminke eine natürliche Schönheit war. »Möchtest du auch etwas essen?«, fragte er sie und schob ihr die Karte hinüber. Auf den ersten Blick wirkte das Restaurant sauber, doch vorsichtshalber würde er erneut sein derzeitiges Abenteuer-Essen bestellen. Bei einem frittierten Hühnchen mit Reis und einer Backbanane war die Gefahr davon Durchfall zu bekommen, recht gering. Der Kellner erschien und Duke beobachtete sein Mittags-Date, als sie sich im holprigen Spanisch einen Salat bestellte. Kaum war der Kellner wieder verschwunden, wandte sie sich Duke zu, reichte ihm die Hand und sagte: »Ich bin übrigens Kendra.« Duke drückte ihre Hand, die sich weich, aber kräftig anfühlte. »Nett, dich kennenzulernen, Kendra. Ich bin – Duke.« Rasch zog Kendra ihre Hand zurück, vergrub sie in ihrem Schoß und ließ die Schultern hängen, was ihr eine Körperhaltung verlieh, die sie verletzlich aussehen ließ. »Möchtest du mir erzählen, was genau passiert ist? Hattest du nach dem Weg gefragt und dann wurde dir alles geklaut?« »So ungefähr. Ich bin erst vier Tage im Land und hatte vor, zwei Monate umherzureisen. Nun ist mein Rucksack mit allen Kreditkarten und der ganzen Kohle weg«, erklärte sie frustriert. Duke nippte kurz am Kaffee, um festzustellen, dass dieser Aufguss gar nicht so übel war. »Das ist bitter. Aber deinen Pass hast du noch?« »Ja, den habe ich immer in meiner Hosentasche.« »Na, wenigstens etwas. Es ist für mich kein Problem, dir mit etwas Geld auszuhelfen. Wie viel brauchst du?« »Mhmm, ich denke, dass ich vielleicht in drei Tagen eine neue Kreditkarte bekommen könnte. Doch so oder so, mein Trip ist vorbei.« »Warum?« »Weil ich so dumm war, so gut wie alles, was ich hatte, als Bargeld mitzunehmen«, sagte Kendra kleinlaut und schlug sich mit der flachen Hand dreimal gegen die Stirn. »Was wolltest du denn in den zwei Monaten anstellen?« »Ich hatte vor, in Cancun mit einem Badeurlaub anzufangen und dann mit dem Bus bis nach Costa Rica zu fahren. Da gibt es eine nette Gemeinschaft, die einen Großteil ihrer Nahrungsmittel auf einer organischen Farm anbaut. Dort hatte ich vor, vier Wochen freiwillig zu helfen. Na ja, man bezahlt ein wenig dafür, dass man da arbeiten und wohnen kann und die nehmen nur Bargeld.« »Warte mal! Du bezahlst dafür, dort zu arbeiten? Wurde der Kapitalismus gerade neu erfunden und ich habe das nicht mitbekommen?« »So ist es nun auch wieder nicht. Meine Aufgabe wäre es, den Kindern etwas Englisch beizubringen.« Duke nahm einen weiteren Schluck und überlegte, wie seine Reiseroute aussah. Cancun stand definitiv nicht auf dieser Hit-Liste. Es war eine reine Touristen-Hochburg, die er sich nicht antun wollte. Er war nicht nach Mexiko gekommen, um sich heimisch zu fühlen, weil dort alles Amerikanisiert war. Außerdem hatte ihm heute schon das unvermeidbare Gerangel verschwitzter Menschenmassen an der Maya-Stätte gereicht. »Mit anderen Worten, ohne Kohle kommst du nicht nach Costa Rica?« Kendra nickte und ließ ihre Schultern noch tiefer hängen. Sie hing wie ein angeschlagener Boxer in den Seilen, was immer überzeugender wirkte, dass ihr Überfall nicht gespielt war. Einen doppelten Moment später fuhr Duke fort: »Also, ich habe keinen genauen Zeitplan, aber mein Ziel ist Panama und wenn du möchtest, kannst du mich gerne ein Stück begleiten. Natürlich ohne jegliche Verpflichtung. Du kannst jederzeit aussteigen.« Ihre Augen weiteten sich etwas im Unglauben, als sie sein Angebot hörte. Just in diesem Moment erschien der Kellner mit dem Essen, was ihr eine sofortige Antwort ersparte. Nach einer kleinen Pause sagte sie: »Das wäre sehr nett, aber du musst wissen, ich habe zu Hause einen festen Freund, den ich sehr liebe. Für den Gefallen, mich mitzunehmen, brauchst du also nichts von mir zu erwarten!« Duke lächelte sie an und schüttelte den Kopf. »Welcher Punkt war unklar, als ich dir erklärte, dass es keine Verpflichtungen gibt! Ich habe nicht die Absicht, hier eine vorgezogene Hochzeitsreise zu veranstalten. Es ist nur eine Mitfahrgelegenheit, mehr nicht. Jetzt essen wir erst einmal in Ruhe und du überlegst es dir.« Erleichtert, sich nicht sofort entscheiden zu müssen, richtete Kendra ihren Blick auf den Teller und fing wortlos an zu essen. Duke spürte, wie sie mit einer Entscheidung rang. Ihm war es im Grunde egal, ob sie mitkam oder nicht. So stand er mit dem Angebot jedenfalls nicht wie ein Arsch da. Dem Kaffee gab er eine glatte Sieben und als der Kellner zu ihm hinüberschaute, hielt er nur die Tasse hoch für Nachschub. Mit Kendra als zeitkonsumierenden Bremsklotz konnte er den Plan jedenfalls begraben, heute noch weiterfahren zu können, denn dieser längere Stopp im Restaurant war nicht eingeplant. Eigentlich wollte er heute noch mindestens drei Stunden fahren, um auf die Karibikseite der Halbinsel Yucátan zu gelangen. Bei einem Blick auf die Armbanduhr stellte er fest, dass er wegen der Verzögerung im Dunkeln ankommen würde und die Tempelanlage von Tulum wäre ebenfalls schon geschlossen. »Musst du unbedingt nach Cancun?«, fragte Duke. Kendra schüttelte ihren Kopf und fragte ihrerseits: »Was ist denn dein nächstes Ziel, Duke?« »Ich mache mich von hier auf nach Tulum an der Riviera Maya. Es soll dort den einzigen Maya-Tempel geben, der direkt am Meer gebaut wurde. Cancun, um ehrlich zu sein, ist mir zu überlaufen und definitiv zu touristisch. Um einen Badeurlaub zu machen, finden wir auf dem Weg nach Belize garantiert ein paar schöne Strände.« Sie stocherte in ihrem Essen umher und sagte schließlich: »Okay, dann nehme ich dein Angebot gerne an. Vielen Dank!« »Ich mache dir einen Vorschlag. Du bekommst kein Geld von mir. Dafür bezahle ich alles, bis du deine neue Kreditkarte bekommen hast. Wäre das ein Vorschlag?« Kendra legte ihre Gabel weg und schaute Duke zum ersten Mal länger als drei Sekunden an. »Warum bist du so nett zu mir? Du kennst mich doch gar nicht.« »Nett ist mein Mittelname.« Ein vorsichtiges Lächeln entstand in ihrem Gesicht. Es schien, als wenn sie langsam etwas Vertrauen zu ihm bekam. Wie er ihr vorschlug, für heute Nacht gleich in dem angeschlossenen Hotel zwei Zimmer zu nehmen, protestierte sie, da aus Kostengründen ein Zimmer mit zwei Betten auch funktionieren würde. Sie wolle ja nicht seine Großzügigkeit zu sehr ausnutzen. Ihm war es egal, letztlich hatte er keine Absicht, Miss Minirock flachzulegen. In der nächsten Stunde erfuhr Duke, dass sie gerade mit dem Studium fertig geworden war und sich jetzt eine kreative Pause gönnte, um sich neu zu orientieren. Nach und nach öffnete sie sich ihm und wurde immer lockerer. Den ersten Schock vom Überfall hatte sie scheinbar überwunden und Duke, der sie behutsam ausfragte, bekam langsam ein genaueres Bild von ihr. Sollte Kendra keine dunklen Seiten an sich haben, konnte er sich vorstellen, dass sie eine angenehme Reisebegleitung werden würde.
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Mexiko, ein Traumziel für gestresste Urlauber, doch Duke hat keinen Blick für die tropische Umgebung. Nachdenklich sitzt er in einem Restaurant und schaute der
hübschen Zufallsbekanntschaft hinterher, die gerade im Begriff war ihre Tränen auf der Toilette zu trocknen. War sie tatsächlich das Opfer eines Überfalls geworden oder spielte sie ihm ihre Hilflosigkeit nur vor? In dem Moment, als sie aus seinem Blickwinkel verschwand, wanderten seine Gedanken nach Panama, das noch 1800 Meilen entfernt lag und ihn auf den Weg dahin durch gefährliche lateinamerikanische Länder führen würde. Länder, in denen Stress so gut wie vorprogrammiert war und brutale Verbrechen an der Tagesordnung sind. Fingen die Probleme womöglich bereit hier mit diesem langbeinigen Girl an? Kurz bereute er, sein Beachbüro aufgegeben zu haben. Rastlos und auf der Suche nach dem Sinn im Leben, fragte er sich ernsthaft, ob seine Flucht aus Los Angeles eventuell doch zu voreilig gewesen war. Wird ihn die Sehnsucht wieder zurück in die Staaten führen, sobald ihm bewusst wurde, dass Panama nur eine überhastete Idee gewesen war? Erneut wird Duke auf die Probe gestellt und gerät in eine Situation, die sein Verständnis vom Universum auf den Kopf stellt.
Kapitel 1 Mehr als 3000 Meilen lagen hinter Duke, seit er sich vor fünf Wochen entschlossen hatte, Los Angeles zu verlassen. Es waren Wochen der Selbstfindung und der Versuch eines Neuanfangs. Aufregende 1800 Meilen lagen noch vor ihm, um sein neues Reiseziel, Panama City, zu erreichen, doch im Moment saß er verunsichert in Mexiko in einem Restaurant und wartete darauf, dass Miss Unbekannt von der Toilette zurück an seinen Tisch kam. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er sich nicht von ihrem hübschen Äußeren einwickeln lassen durfte. Mit den langen, blonden Haaren und noch längeren Beinen war sie die perfekte Honigfalle. Ist sie eventuell Teil einer mexikanischen Gang und spielt ihm nur die hübsche Hilflose vor? Chichén Itzá zog viele naive Touristen an, die erschöpft von der Sonne aus den Ruinen stolperten und mit all dem Bling-Bling direkt darauf warteten, ausgeraubt zu werden. So recht kaufte er Blondie ihre Story, dass sie Opfer eines Überfalls geworden war, nicht ab. Mit ihren frisch manikürten Fingernägeln wirkte Miss Minirock nicht gerade wie die typische Backpackerin. Warum sollte so ein gutaussehendes Girl allein durch ein gefährliches Macholand wie Mexiko reisen? Eventuell war er aber auch nur zu übervorsichtig und sah in allem eine Gefahr. Nach dem Essen würde er sicherlich klüger sein und entscheiden können, ob sie Hilfe benötigt oder alles nur eine gute Performance war. Duke winkte einem der flinken Kellner zu, bestellte zwei Tassen Kaffee und ließ sich die Menükarte geben, um im nächsten Moment Miss Langbein zu bemerken, die zielstrebig auf ihn zu kam und sich mit einem schüchternen Lächeln setzte. Das verheulte Make-up war verschwunden und ihre Augen wirkten schon nicht mehr so gerötet. Tatsächlich musste er sich eingestehen, dass sie ohne Schminke eine natürliche Schönheit war. »Möchtest du auch etwas essen?«, fragte er sie und schob ihr die Karte hinüber. Auf den ersten Blick wirkte das Restaurant sauber, doch vorsichtshalber würde er erneut sein derzeitiges Abenteuer-Essen bestellen. Bei einem frittierten Hühnchen mit Reis und einer Backbanane war die Gefahr davon Durchfall zu bekommen, recht gering. Der Kellner erschien und Duke beobachtete sein Mittags-Date, als sie sich im holprigen Spanisch einen Salat bestellte. Kaum war der Kellner wieder verschwunden, wandte sie sich Duke zu, reichte ihm die Hand und sagte: »Ich bin übrigens Kendra.« Duke drückte ihre Hand, die sich weich, aber kräftig anfühlte. »Nett, dich kennenzulernen, Kendra. Ich bin Duke.« Rasch zog Kendra ihre Hand zurück, vergrub sie in ihrem Schoß und ließ die Schultern hängen, was ihr eine Körperhaltung verlieh, die sie verletzlich aussehen ließ. »Möchtest du mir erzählen, was genau passiert ist? Hattest du nach dem Weg gefragt und dann wurde dir alles geklaut?« »So ungefähr. Ich bin erst vier Tage im Land und hatte vor, zwei Monate umherzureisen. Nun ist mein Rucksack mit allen Kreditkarten und der ganzen Kohle weg«, erklärte sie frustriert. Duke nippte kurz am Kaffee, um festzustellen, dass dieser Aufguss gar nicht so übel war. »Das ist bitter. Aber deinen Pass hast du noch?« »Ja, den habe ich immer in meiner Hosentasche.« »Na, wenigstens etwas. Es ist für mich kein Problem, dir mit etwas Geld auszuhelfen. Wie viel brauchst du?« »Mhmm, ich denke, dass ich vielleicht in drei Tagen eine neue Kreditkarte bekommen könnte. Doch so oder so, mein Trip ist vorbei.« »Warum?« »Weil ich so dumm war, so gut wie alles, was ich hatte, als Bargeld mitzunehmen«, sagte Kendra kleinlaut und schlug sich mit der flachen Hand dreimal gegen die Stirn. »Was wolltest du denn in den zwei Monaten anstellen?« »Ich hatte vor, in Cancun mit einem Badeurlaub anzufangen und dann mit dem Bus bis nach Costa Rica zu fahren. Da gibt es eine nette Gemeinschaft, die einen Großteil ihrer Nahrungsmittel auf einer organischen Farm anbaut. Dort hatte ich vor, vier Wochen freiwillig zu helfen. Na ja, man bezahlt ein wenig dafür, dass man da arbeiten und wohnen kann und die nehmen nur Bargeld.« »Warte mal! Du bezahlst dafür, dort zu arbeiten? Wurde der Kapitalismus gerade neu erfunden und ich habe das nicht mitbekommen?« »So ist es nun auch wieder nicht. Meine Aufgabe wäre es, den Kindern etwas Englisch beizubringen.« Duke nahm einen weiteren Schluck und überlegte, wie seine Reiseroute aussah. Cancun stand definitiv nicht auf dieser Hit-Liste. Es war eine reine Touristen-Hochburg, die er sich nicht antun wollte. Er war nicht nach Mexiko gekommen, um sich heimisch zu fühlen, weil dort alles Amerikanisiert war. Außerdem hatte ihm heute schon das unvermeidbare Gerangel verschwitzter Menschenmassen an der Maya-Stätte gereicht. »Mit anderen Worten, ohne Kohle kommst du nicht nach Costa Rica?« Kendra nickte und ließ ihre Schultern noch tiefer hängen. Sie hing wie ein angeschlagener Boxer in den Seilen, was immer überzeugender wirkte, dass ihr Überfall nicht gespielt war. Einen doppelten Moment später fuhr Duke fort: »Also, ich habe keinen genauen Zeitplan, aber mein Ziel ist Panama und wenn du möchtest, kannst du mich gerne ein Stück begleiten. Natürlich ohne jegliche Verpflichtung. Du kannst jederzeit aussteigen.« Ihre Augen weiteten sich etwas im Unglauben, als sie sein Angebot hörte. Just in diesem Moment erschien der Kellner mit dem Essen, was ihr eine sofortige Antwort ersparte. Nach einer kleinen Pause sagte sie: »Das wäre sehr nett, aber du musst wissen, ich habe zu Hause einen festen Freund, den ich sehr liebe. Für den Gefallen, mich mitzunehmen, brauchst du also nichts von mir zu erwarten!« Duke lächelte sie an und schüttelte den Kopf. »Welcher Punkt war unklar, als ich dir erklärte, dass es keine Verpflichtungen gibt! Ich habe nicht die Absicht, hier eine vorgezogene Hochzeitsreise zu veranstalten. Es ist nur eine Mitfahrgelegenheit, mehr nicht. Jetzt essen wir erst einmal in Ruhe und du überlegst es dir.« Erleichtert, sich nicht sofort entscheiden zu müssen, richtete Kendra ihren Blick auf den Teller und fing wortlos an zu essen. Duke spürte, wie sie mit einer Entscheidung rang. Ihm war es im Grunde egal, ob sie mitkam oder nicht. So stand er mit dem Angebot jedenfalls nicht wie ein Arsch da. Dem Kaffee gab er eine glatte Sieben und als der Kellner zu ihm hinüberschaute, hielt er nur die Tasse hoch für Nachschub. Mit Kendra als zeitkonsumierenden Bremsklotz konnte er den Plan jedenfalls begraben, heute noch weiterfahren zu können, denn dieser längere Stopp im Restaurant war nicht eingeplant. Eigentlich wollte er heute noch mindestens drei Stunden fahren, um auf die Karibikseite der Halbinsel Yucátan zu gelangen. Bei einem Blick auf die Armbanduhr stellte er fest, dass er wegen der Verzögerung im Dunkeln ankommen würde und die Tempelanlage von Tulum wäre ebenfalls schon geschlossen. »Musst du unbedingt nach Cancun?«, fragte Duke. Kendra schüttelte ihren Kopf und fragte ihrerseits: »Was ist denn dein nächstes Ziel, Duke?« »Ich mache mich von hier auf nach Tulum an der Riviera Maya. Es soll dort den einzigen Maya- Tempel geben, der direkt am Meer gebaut wurde. Cancun, um ehrlich zu sein, ist mir zu überlaufen und definitiv zu touristisch. Um einen Badeurlaub zu machen, finden wir auf dem Weg nach Belize garantiert ein paar schöne Strände.« Sie stocherte in ihrem Essen umher und sagte schließlich: »Okay, dann nehme ich dein Angebot gerne an. Vielen Dank!« »Ich mache dir einen Vorschlag. Du bekommst kein Geld von mir. Dafür bezahle ich alles, bis du deine neue Kreditkarte bekommen hast. Wäre das ein Vorschlag?« Kendra legte ihre Gabel weg und schaute Duke zum ersten Mal länger als drei Sekunden an. »Warum bist du so nett zu mir? Du kennst mich doch gar nicht.« »Nett ist mein Mittelname.« Ein vorsichtiges Lächeln entstand in ihrem Gesicht. Es schien, als wenn sie langsam etwas Vertrauen zu ihm bekam. Wie er ihr vorschlug, für heute Nacht gleich in dem angeschlossenen Hotel zwei Zimmer zu nehmen, protestierte sie, da aus Kostengründen ein Zimmer mit zwei Betten auch funktionieren würde. Sie wolle ja nicht seine Großzügigkeit zu sehr ausnutzen. Ihm war es egal, letztlich hatte er keine Absicht, Miss Minirock flachzulegen. In der nächsten Stunde erfuhr Duke, dass sie gerade mit dem Studium fertig geworden war und sich jetzt eine kreative Pause gönnte, um sich neu zu orientieren. Nach und nach öffnete sie sich ihm und wurde immer lockerer. Den ersten Schock vom Überfall hatte sie scheinbar überwunden und Duke, der sie behutsam ausfragte, bekam langsam ein genaueres Bild von ihr. Sollte Kendra keine dunklen Seiten an sich haben, konnte er sich vorstellen, dass sie eine angenehme Reisebegleitung werden würde.
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